Übermedikation in den Alters- und Pflegeheimen – Alters- und Pflegeheime stellen Seniorinnen und Senioren systematisch mit Pillen ruhig

Der Schweizerische Seniorenrat, SSR, ist sehr besorgt über die Situation in Alters- und Pflegheimen in Bezug auf die Verabreichung von Neuroleptika. Eine Untersuchung der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter, UBA, hat ergeben, dass aufgrund der Behandlungsdaten in 619 Heimen aus den Jahren 2019 und 2020 46% der Bewohnenden über 65 Jahren pro Woche 9 oder mehr verschiedene Arzneimittel erhielten. 37% von ihnen erhielten ein Neuroleptikum, das heisst ein Beruhigungsmittel, obwohl sie es gar nicht nötig gehabt hätten – entsprechende menschliche Zuneigung durch das Pflege- und Betreuungspersonal würde ausreichen. Neuroleptika sollen lediglich bei Menschen angewendet werden, die unter Schizophrenie oder bipolaren Störungen leiden aber nicht um Bewohnerinnen und Bewohner vor allem demente Menschen in Alters- und Pflegeheimen ruhig zu stellen.

 

Experten sprechen bereits ab 5 Medikamenten von einer Polypharmazie, bei denen es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Folgen dieser Übermedikation sind Hirnschläge, Inkontinenz, Schwindel und Stürzen mit schweren Folgen.

 

Was sind Gründe dieser schwerwiegenden Situation in den Alters- und Pflegeheimen:

 

– Fehlendes Fachpersonal wegen Personalmangel generell oder Sparmassnahmen bei den Personalkosten.
– Ärztliche Verordnungen werden per Telefon mitgeteilt: Arzt gibt ohne grosse Anamnese Medikamentenverordnung bekannt, wenn das Personal mitteilt, dass die Bewohnerin oder Bewohner unruhig ist.
– Zu rasch werden Reservemedikamente eingesetzt – vor allem bei Demenzpatienten.

 

Der SSR fordert deshalb zwei einfache und rasch durchsetzbare Massnahmen:

 

– Regelmässige Kantonale Qualitätskontrollen durch die jeweilige Kantonsapothekerin oder Apotheker
– Jedes Heim hat einen zuständigen Apotheker mit vertraglicher Bindung zur regelmässigen Kontrolle der Medikamentenverordnungen

 

,                        Die Co-Präsidentin SSR                                              Der Präsident Arbeitsgruppe Gesundheit
,                                   Bea Heim                                                                                  Lukas Bäumle